K(r)ampftag

Ich bin mir sicher, ich werde beobachtet. Da ist jemand. Ich öffne den Zelteingang und blicke direkt in die Augen eines Schlittenhundes. Er steht ruhig da und schaut mich einfach an. Ein wenig mulmig ist mir schon und ich fluche innerlich, dass ich mein Pfefferspray nicht zur Hand habe. Schon auf der Insel Rügen war mir dieses verloren gegangen. Grade als ich den Zelteingang wieder schließen will, ertönt ein harsches Kommando und der Hund verzieht sich. Ein dicklicher Mann mit einer Zeitung unter dem Arm kommt den Waldweg entlang geschlappt und schaut herüber. Er brummelt noch irgendetwas in Richtung seines Hundes und verschwindet im Dickicht. “Wo zum Teufel geht der hin?” denke ich bei mir. Am Vorabend war ich, ob der hereinbrechenden Nacht, in höchster Not von der vielbefahrenen E75 in diesen kleinen Waldweg eingebogen, an dessen Rand ich notdürftig mein Zelt aufgeschlagen hatte. Es ist noch sehr früh am Morgen und ich beschließe direkt aufzubrechen. Der Verkehr an diesem Sonntagmorgen ist enorm, dennoch bleibe ich in Ermangelung einer attraktiven Alternative auf diesem Höllenband. Es ist wirklich kein Spaß hier zu fahren, im Sekundentakt rauschen Autos und Lastwagen an mir vorbei und belästigen mich mit Abgase und Lärm, zudem ist die Landschaft sterbendslangweilig, eintönig und öde. Ich entwickele einen regelrechten Hass auf diese Strasse und so taufe ich sie in meiner Wut auf den Namen “THEBIGFUCKINGBORINGSTREET”. Schon nach 30 Kilometern brauche ich meine erste Pause. Auf einem supermodernen Rasthof trinke ich einen Kaffe, esse einen Muffin und muss anschliessend meinen gesamten Willen mobilisieren um wieder aufs Rad zu steigen. Wenigstens das Wetter ist gut. Weitere 40 Kilometer muss ich mich von der BFBS belästigen lassen, bevor ich in Heinola auf eine kleinere, parallel verlaufende Strasse wechseln kann. Bis kurz vor Helsinki möchte ich heute fahren, damit ich morgen noch die Stadt besichtigen kann, bevor um 17:30 meine Fähre nach Deutschland ablegt. Ich komme durch Lahti, den, durch seine Skisprungschanzen, weltbekannten Wintersportort, welcher davon abgesehen der BFBS allerdings durchaus Konkurrenz machen kann.

Nordkapploop 2014 796

Weiter trägt mich mein Wille, jetzt sind es nur noch knappe 100 Kilometer bis nach Helsinki. In Jervenpää, ca. 30 Kilometer vor den Toren Helsinkis möchte ich auf einem Campingplatz meine letzte Nacht in Finnland verbringen. Zu meinem Glück zeigt mir ein rennradelnder Finne den Weg, zu diesem, schön an einem See gelegenen Campingplatz. Ausgeschildert war dieser nämlich nicht. Mag sein, dass dies auch der Grund dafür ist, warum außer mir nur eine deutsche Familie und ein niederländisches Paar die Nacht auf diesem Platz verbringt . Froh, diesen harten, 207 Kilometer langen Tag hinter mich gebracht zu haben und mit Vorfreude auf Helsinki schlafe ich ein.

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