5652…. und es hat BUUUM!! gemacht.

Wenige Kilometer vor dem Stadtzentrum von Helsinki gibt es einen lauten Knall und einen Augenblick später fahre ich auf der Felge. 5652 Kilometer hatte ich keinen Defekt gehabt und nun, wenige Kilometer bevor ich die Fähre besteigen will passiert es.

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Gelassen steige ich von meinem alten Fritz und mache mich daran ihm einen neuen Schlauch, sowie Manteldecke zu verpassen. Die alte war schlichtweg durchgefahren. “4 Stunden habe ich noch bis die Fähre geht, fällt das Sightseeing halt etwas kürzer aus” denke ich bei mir, während ich den alten Mantel von der Felge ziehe. Neuer Schlauch, als auch Mantel sind rasch montiert und ich mache mich ans aufpumpen. Da knallt es erneut. Der Mantel hat sich aus dem Felgenbett gelöst und hängt weit über den Felgenrand. Ich hebele ihn zurück ins Bett und pumpe erneut. Pang! Schon wieder löst sich der Mantel von der Felge. Vor meiner Abfahrt hatte ich die Manteldecke gefaltet, um sie platzsparend transportieren zu können. Dies wird mir nun zum Verhängnis. Die mit Draht verstärkten Mantelränder sind derart aus der Form geraten, dass sie sich unter Druck nicht im Felgenbett halten können. Na prima, nun stehe ich irgendwo in der Peripherie von Helsinki und bin aufgeschmissen. Mitlerweile sind es nur noch 3 1/2 Stunden bis die Fähre ablegt und guter Rat ist teuer. Als ich mich schon mit dem Gedanken angefreundet habe, noch eine weitere Nacht in Finnland zu verbringen kommt mir die rettende Idee. Ich zücke mein Messer und schneide aus dem alten Schlauch einen passenden Flicken für die alte, durchgefahrene Manteldecke zurecht. Diesen Flicken verklebe ich an der durchgefahrenen Stelle des Mantels und ziehe ihn wieder auf die Felge. Dieses Provisorium muss ja nur die 10 Kilometer bis zum Fährhafen halten. Ganz behutsam setze ich meinen Weg fort. Es gibt nur noch ein Ziel: den Fährhafen. Helsinki kann warten, bis ich das nächste Mal in Finnland bin, ich bin nicht scharf darauf noch länger in diesem Land zu verweilen. Neben der Eintönigkeit der Landschaft, sind es auch die Finnen selber die meine Stimmung in den letzten Tagen merklich eingetrübt haben. Oft hatte ich das Gefühl, es mit lebenden Eisblöcken zu tun zu haben. Sehr reseviert und emotionslos, selten mal ein Lächeln. Natürlich gab es auch Ausnahmen. Tatsächlich hält meine Bastelei exakt bis zum Abfahrtsterminal. Dort versuche ich gemeinsam mit Joe aus Colorado, der ebenfalls mit der Fähre nach Deutschland will, den Mantel ein weiteres Mal auszutauschen, aber auch dieses Mal ohne Erfolg.

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Per Shuttle gelange ich mit meinem ledierten Fritz auf die Fähre. Glücklich, noch an Bord der Fähre gelangt zu sein, spendiere ich Joe und mir einen kühlen Longdrink. Wir sitzen auf dem Achterdeck und erzählen uns gegenseitig die Erlebnisse der vergangenen Wochen. Joe war einen Monat lang in Vaasa gewesen und hat versucht Finnisch zu lernen. Nun ist er des Landes überdrüssig und möchte in Potsdam einen Freund besuchen. Wenige Longdrinks später, überfällt mich die Müdigkeit und ich suche den mir zugewiesenen Ruhesessel auf, um ein wenig zu schlafen. Einige Stunden darauf, draussen ist es schon dunkel, wache ich auf, weil unser Kahn ordentlich in Bewegung ist. “Kann doch nicht sein”, denke ich bei mir,” die Ostsee ist ein besserer Gartenteich, wie kann es hier rauhe See haben?” Ich mache mich auf den Weg aufs Oberdeck und werde mit einem herrlichen Gewitter belohnt. Die Blitze zucken über den Himmel, der Wind peitscht die See auf, so dass mir die Gischt um die Nase weht. Vom einen auf den anderen Moment bin ich wieder hellwach und geniesse dieses Naturschauspiel. Nach 2 Stunden beruhigt sich das Wetter wieder und ich gehe in glücklicher Gewissheit am nächsten Tag in Deutschland zu sein schlafen. 50 äußerst aufregende Kilometer habe ich heute hinter mich gebracht.

 

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