71Grad 10′ 16″

Fest entschlossen mache ich mich um 10 Uhr auf den Weg zum Nordkapp. Das Wetter ist bedeckt und windig. Nach wenigen Metern habe ich den Eingang des Nordkapptunnelen erreicht und stuerze mich auf einer 9% Abfahrt in die Tiefe. Ueber 3 Kilometer lang geht es in rasender Fahrt abwärts, bis 200 Meter unter den Meeresspiegel. Danach wartet ein 10% Anstieg der ebenso lang wie die Abfahrt ist und einen wieder ans Tageslicht fuehrt.

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Ich bin froh darueber, mein gesamtes Gepäck am Zelt gelassen zu haben und bringe den Tunnel schnell hinter mich. Ein weiterer Tunnel von 4,5 Kilometer längefolgt, bevor ich Honningsvåg erreiche. Ein Schild informiert mich darueber, dass es jetzt noch 31 Kilometer bis zum nördlichsten Punkt von Europa sind. Gleich dahinter beginnt ein knackiger Anstieg. der Wind nimmt zu und mit jedem Meter, den ich nach oben klettere wird das Wetter schlechter. regen und immer dichter werdender Nebel ziehen auf. Die Temperaturfällt merklich. Ich hole einen anderen Radfahrer ein und wir sind unds einig darueber, dass dies hier Krieg ist. es ist unfassbar, wie sich auf wenigen Kilometern das Wetter derart verschlechtern kann. Es folgt ein einziges Auf und Ab durch eine dicke Nebelsuppe mit Schlagregen und unvorstellbaren Windgeschwindigkeiten. Mit teilweise 6 Kmh bewege ich mich vorwärts. Kommt der Wind mal von hinten, wird es schnell. Mein Tacho wird später eine Höchstgeschwindigkeit von 73 Kmh anzeigen. Besonders heftig ist es, kommt der Wind von der Seite. Mann muss sich derart gegen den Wind lehnen, dass ich manchmal das Gefuehl habe mit dem Lenker den Boden zu beruehren. Teilweise habe ich Angst, dass mir der Wind die Laufräder komplett vom Asphalt zieht. Mitunter ist die Sicht durch den nebel so beeinträchtigt, dass ich ein mulmiges Gefuehl habe, wenn ich Autos oder Busse hinter mir höre.

 

Plötzlich, wie aus dem Nichts taucht ein Schild aus der Nebelsuppe auf: Noch 500 Meter bis zum Parkplatz des Nordkaps. Grusslos fahre ich an dem Kassenhäuschen vorbei, an dem alle mitMotorisierten Fahrzeugen löhnen muessen. Ich lasse die Nordkapphallen links liegen und fahre direkt auf das Felsplateau, wo ich einen dick verpackten Touristen bitte, ein Foto von mir vor dem eisernen Globus zu machen.

 

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Danach blicke ich auf den Gesamtkilometerstand meines Tachos: 4029 Kilometer habe ich von meinem Start in Mayen bei Koblenz bis zum Nordkap zurueckgelegt. An dieser Stelle möchte ich nochmals kurz daran erinnern, dass es diesen Blog aus einem bestimmten Grund gibt. Ich möchte, wie unter dem Menuepunkt “Der gute Zweck” nachzulesen ist, mit meinen Berichten Menschen helfen, die nicht in solch glueckliche Umstände hineingeboren wurden wie die meisten von uns. Dieser Blog bedeutet fuer mich eine Menge Arbeit und es wuerde mich ungemein freuen, sollten beduerftige Menschen davon Profitieren können. Also ueberlegt, was euch die bisher erradelten 4029 Kilometer sowie meine Berichte Wert sind. Nichtsdestotrotz, wird meine Reise nicht an diesem unwirtlichen Ort Ihr Ende finden.Durchnässt und verfroren betrete ich die Nordkapphallen. Hier herschen angenehme Wohnzimmertemperaturen und die Touristen drängen sich hinter den Scheiben und schauen hinaus in die Nebelsuppe. Hier brummt der Konsum, billiger Souvenier-Tand wird zu Wucherpreisen an den Touristen verkauft. Hinter einem Tresen an dem man sich fuer eine horrende Summe ein “Norkappzertifikat” ausstellen lassen kann, hat sich eine lange Schlange gebildet. Ungläubig schaue ich dem Treiben eine Weile zu, bevor ich mich dazu ueberwinde wieder durch die Hölle zu gehen und den Rueckweg anzutreten. Das Wetter hat sich ein wenig beruhigt und gut 2 stunden später erreiche ich Honningsväg. Hier kaufe ich von meinen Letzten norwegische Kronen nochmal ordentlich ein. Der Proviant muss bis zur finnischen Grenze reichen, ich möchte nicht nochmals Geld holen muessen. Ein weiteres Mal durchfahre ich die langen steilen Röhren und bin wenig später zurueck am Zelt. Fuer eine Stunde lege ich mich hin, um neue Kräfte zu sammeln, Doch bereits kurz vor Mitternacht sitze ich wieder auf meinem “Alten Fritz”.

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