Monthly Archives: Juli 2014

Der alte Fritz

20140712_164625

Die ganze Nacht über hatte ich auf einem Campingplatz in Östersund gegen einen Baum gelehnt dagestanden und auf das Zelt meines Fahrers geschaut. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht die schweren Radtaschen  von meinem Gepäckträger zu hiefen. Auf dem gestrigen Teilstück hatte er mir immer wieder versichert in Östersund einen Ruhetag einzulegen. Schon vor zwei Tagen war mir aufgefallen, dass sein Tritt nicht mehr rund war. Das linke Bein trat wesentlich mehr als das rechte und ich hörte übr mir immer wieder Laute des Schmerzes. Wie dem auch sei, auch ich hatte eine Pause mehr als nötig. Und so stand ich da und beobachtete wie der Campingplatz an jenem Morgen nach und nach erwachte. Die ersten Frühaufsteher schlappten mit Handtuch und Kulturbeutel bewaffnet Richtung Sanitäranlagen. Andere brausenmit ihren Fahrrädern oder Motorrollern  auf dem staubigen, mit Wurzeln durchsetzten Weg an mir vorbei, um kurze Zeit später mit dicken Tüten an den Lenkern in entgegengesetzter Richtung ihrer Behausungen zu fahren. Manch einer wiederum packt all sein Hab und Gut um den Platz bald darrauf zu verlassen.

Gegen 7:30 Uhr, tut sich dann auch etwas am Zelt meines Fahrers. Der Reisverschluss des Zelteingangs wird nach unten gezippt und mit an lächerlichkeit kaum zu überbietenden, ungelenken Bewegungen zwängt sich mein Fahrer aus seiner kleinen Unterkunft. Pfeifend kommt er auf mich zu, nästelt irgendetwas aus den Radtaschen und verschwindet. 3 Stunden stehe ich untätig herum, bis er wieder auftaucht. Abermals wird an den Taschen genästelt und zum vorschein kommen Trikot und Radhose. “Moment mal, heute ist Ruhetag”. Er ignorirt mich, zieht sich um und schwingt sich auf meinen Sattel. Gemächlich verlassen wir die Stadt in nördliche Richtung. Gleich hinter dem Ortsschild wartet auch schon die erste heftige Steigung auf uns. Als hätte er in den vergangenen Tagen keinrlei Probleme gehabt, geht mein Fahrer aus dem Sattel und jagt in einem, an Lance Armstrong erinnernden, nähmaschienenartigen Wiegetritt die Anhöhe hinauf. Zur Besinnung kommt mein Fahrer erst wieder als ich ordentlich das Tretlager knacken lasse. Zuviele meiner Artgenossen hat er auf diese Weise schon  zu Grunde gerichtet und dieser “knackige Hinweis” lässt ihn seine Fahreie überdenken und schleunigst wieder anpassen. Trotzallem bewegen wir uns weiterhin in zügigem Tempo übet das Asphaltband. Wir fahren durch eine sehr einsame Landschaft der Nacht die niemals dunkel wird entgegen. Das Profil der Strecke hat sich in der Zwischenzeit beruhigt und ist meist flach.langsam verschwindet die Sonne und macht einem gigantischem Vollmond platz. Urplötzlich bekommt mein Fahrer wiedrr eine seiner merkwürdigen Anwandlungen. Er löst in voller Fahrt die Hände vom Lenker, reckt die Arme in die Höhe und brüllt mehrmalig “Ist das Geil!” In die Einsamkeit der Wälder hinein. Nach 150 Kilometern vrrlassen wir die Strasse und bieguen nach Links zum Ufr eines wunderschönen Sees ab. Dort verbringen wir, umgeben von Mückenschwärmen, eine ruhige Nacht.

So long, euer Fritz

Der r(a)eisende Däne

Erst spät an diesem Morgen bin ich auf den Beinen. In der Nacht iszt noch ein weiterer Wildcamper zum Ufer des Sees gekommen und hat sein Zelt in nächster Nähe zu dem meinen aufgebaut. Früh bricht jener wieder auf, wo dasich den kompletten See für mich alleine habe. Schnell aus den Sachen gesprungen, ein ausgiebiges Bad genommen und eine Runde geschwommen. Wie neu neu geboren fühle ich mich danach und frühstücke danach ersteinmal ausgiebig. Es gibt Müsli, Brötchen und aufgebrühten Kaffee…. herrlich! Danach liege ich einfach nur da, hänge meinen Gedanken nach und schaue über den See. Gegen 15 Uhr bin ich dann wieder auf dem Rad. Die Sonne lacht wie schon an den Tagen zuvor von einemwolkenlosen Himmel. Nachdem ich 30 Kilometer gemütlich dahin pedalliert bin, zeigt mir ein Schild am Straßenrand an, dass ich nun die Region Angermanland verlasse und mich von nun an auf den Straßen Lapplands weiterbewege. Ich stoppe, um ein Foto zu machen, als plötzlich ein BMW-Geländewagen scharf bremst und abprubt hält. Ein Mann mittleren alters, groß, kurz geschorenes Haar und mit Sonnenbrille auf der Nase, steigt aus, kommt auf mich zu gestürmt und fragt, was es besonderes zu fotografieren gebe. Ich deute auf das Schild, das den gen Norden reisenden in Lappland begrüßt. “Was, wir sind schon in Lappland?!”  wundert sich mein Gegenüber und zückt augenblicklich seinen Fotoapparat. Dann erzählt er mir, das er aus Dänemark kommt und mit seiner Freundin auf dem Weg zum Nordkap sei. 10 Tage hätten sie Zeit. Als wolle seine Freundin dies non verbal bestätigen, senkt sich mit einem Mal die Fensterscheibe der Beifahrerseite, eine Hand die ein Smartphone hält kommt zum vorschein und knippst ebenfalls ein Bild. Hastig verabschiedet sich der Däne wieder, springt in seine Blechkugel, drückt aufs Gas, dass die Reifen durchdehen und die Steinchen fliegen und verschwindet in den weiten Wäldern Lapplands eine Minute später ist alles wieder völlig still. Nur eine Staubwolke welche zwischen den Tannenwipfeln umherwabert zeugt von der Eile der Reisenden.

20140712_180545

 

Ich setze meinen Weg fort, träume durch die Landschaft dahin und übersehe beinahe das erste Rentier was mir im hohen Norden begegnet. Es ist wenig scheu und lässt mich bis in seine nächste Nähe kommen. Und so entsteht diese Aufnahme:

20140712_212828

 

Nach 132 kilometern beende ich den Tag. Ich biege linker Hand auf eine Wiese und baue, während einige hundert Mücken mich beinahe zu tode foltern, mein Zelt auf.

Björn Ferry und das Finale

  1. Der nächste Morgen beginnt so, wie der vorherige Abend geendigt ist: Das erste was ich an diesem Morgen sehe, sind die Umrisse hunderter Mücken, die über meine Zeltmembran krabbeln und meserwetzend darauf warten ihr blutiges Spiel vom Vorabend fortsetzen zu können. Es kostet mich einiges an Überwindung dort hinaus zu gehen und meine Sachen zu packen. 15 Minuten später und mit gefühlt einem halben Liter weniger Blut in den Adern schwinge ich mich auf meinen Sattel. Heute stehen nur knapp 20 Kilometer bis Storuman auf dem Programm. Am Ortseingang von Storuman prangt ein großes Plakat, dass darauf hinweist, dass der Biathlet Björn Ferry aus dieser Enklave stammt. Ich kann mich entsinnen, dass eben jener zu seiner aktiven Zeit ein sehr guter Läufer, allerdings ein wenig erfolgreicher Schütze in seinem Sport gewesen ist. ” Na, dann wollen wir mal hoffen, dass dies auf die deutsche Elf an jenem Abend im Weltmeisterschaftsfinale nicht zutrifft” denke ich mirund begebe mich zum Campingplatz von Storuman. Der Tag ist noch jung, und so bleibt ordentlich Zeit die Wäsche zu machen, ausgiebig zu duschen und etwas zu essen. In der Küche treffe ich auf einen Dänen. Er ist glühender Fussballfan und so beschliessen wir, das Spiel am Abend gemeinsam in einem Hotel zu schauen. Als ich zu meinem Zelt zurückkehre trffe ich auf Hans-Jörg aus Weiblingen. Er ist mit seinem Volvo Oldtimer ueber Finnland ans Nordkap gefahren und befindet sich nun auf dem Heimweg durch Schweden. Auch Hans-Jörg hat Intersse das Finale anzusehen und so machen wir uns am Abend in kleiner Runde auf zum Hotel. Dort treffen wir auf eine weitere Hand voll Deutsche. Sofort stechen mir zwei Damen ins Auge welche ihre Wangen in den deutschen Farben geschminkt haben. In Deutschland noch, hatte ich eine Wette abgeschlossen,  sollten die Deutschen das Finale erreichen, ich nur mit einem leichten Höschen bekleidet und den deutschen Farben auf dem Hintern einige Kilometer durch Skandinavien radeln würde. In der felsenfesten Überzeugung meine Wette zu gewinnen, hatte ich nicht vorgesorgt und sowohl kein leichtes Höschen, als auch Schminkstift mitgenommen. Nun also saßen dort die beiden Damen, die augenscheinlich etwas besaßen, was ich dringlichst benötigte, wollte ich nicht meine Wettehre verlieren. Und potzblitz, es gelang mir doch tatsächlich Frauen ihre Schminke abzuquatschen! Das soll mir mal einer nachmachen! Das Spiel war dann sehr nervenaufreibend und am Ende lagen sich dann zwei Dutzend jubelnde, deutsche Landsleute irgendwo im Nirgendwo Lapplands in den Armen… Guter Tag…

Der alte Mann und der Imbis

Um 9:30 Uhr an jenem Morgen, bin ich wieder auf der Straße. Schon der erste Blick gen Himmel verrät, dass das Wetter heute umschwingen und es wahrscheinlich regnen wird. Und so kommzt es auch. Nach ca. 2 1/2 Stunden im Sattel öffnet der Himmel seine Schleusen. Ich habe großes Glück und finde noch rechtzeitig in einer Bushaltestelle Unterschlupf. Der Regen prasselt heftig auf das Dach und ich nutze die Zwangspause zum Essen.

Schräg hinter der Bushaltestelle liegt ein heruntergekommener Imbiss. Anfänglich denke ich, das dieser schon vor langer Zeit geschlossen geschlossen wurde, so erbärmlich sieht er aus. Doch plötzlich tritt ein alter Mann mit Bart, Basecap und schmudeliger Schürze aus dem Verhau und winkt mich zu sich her. Ich folge seiner Aufforderung und gehe zu ihm. Er gibt mir zu verstehen, dass er mich auf einen Kaffee einladen möchte und bittet mich in seinen Imbis. Drinnen erwarten mich seltsam anmutende Räumlichkeiten. Neben wild zusammengewürfelten Tischen und Stühlen, befinden sich durchgesessene Sofas , sowie Schreibtische auf denen Computer aus grauer Vorzeit stehen. Er serviert mir Kaffee und ein Marzipantörtchen und fängt an zu erzählen. Er spricht nur Schwedisch, was ich nicht verstehe, aber trotzdem schaffen wir es uns zu verständigen. Er zeigt mir Patente aus verschiedenen Ländern, daruntr auch Deutschland, welche ein System zur Raumentlüftung betreffen. Seine Firma heißt “Aircleaning /  Slussfors”. Ich muss schmunzeln, hätte sein Imbis die Erfindung seines Besitzers doch mehr als nötig. Neben einem Haufen weiterer Patente bekomme ich zudem auch noch einen Diavortrag geboten, in welchem Klas Jacobson, der Erfinder von “Aircleaning”, in aller Herren Länder zu sehen ist. Sehr merkwürdig dies alles: Ein augenscheinlich erfolgreicher Erfinder, der Tag ein Tag aus in einer heruntergekommenen Imbisbude hockt, ja vielleicht sogar dort lebt, 86 Jahre alt und über die Maßen agil ist, Motorrad fährt, die Welt bereist, aber keine einzige Fremdsprache spricht. Das alles erinnert mich  irgendwie an den Roman “Der hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand”. Es mag vielleicht Zufall sein, dass ich erst wenige Tage zuvor durch genau die Gegend gekommmen bin, in dr dieser Roman spielt. Wer weiss, vielleicht hat Klas Jacobson wenige Jahre zuvor den Autoren dieses Buches ebenfalls auf Kaffe und Marzipantörtchen eingeladen. Nicht wissend, dass er die Vorlage für einen Weltbestseller liefern wird. Zum Abschied schenkt mir Klas noch einen edlen Kugelschreiber seiner Firma, begleitet mich nach draußen, wo es  immer noch in strömen regnet und winkt mir nach. Die ganze Fahrt über muss ich an den Alten denken, der mir ein einziges Rätsel ist. Eines ist jedoch sicher: Er ist ein unglaublich gutmütiger und herzlicher Alter.

20140714_163729

Am ende des Tages bi  ich bis auf die Knochen durchweicht. Nach 161 Kilometern steuere ich, kurz vor der norwegischen Grenze eine kleine Pension an. Dort koche ich mir noch eine ordentliche Portion Nudeln, bevor ich zuerst ins Bett und gleich darauf in einen tiefen Schlaf falle.

Norwegen!

Am späten Vormittag erst breche ich auf, um die nächste Etappe auf meinem Weg zum Nordkapp in Angriff zu nehmen. Der Regen vom Vortag hat sich verzogen, aber ein Blick zum Himmel verrät, dass es jederzeit von neuem beginnen könnte. Zuersteinmal gilt es an jenem Tag meine Wettschuld zu begleichen und so radel ich in luftigem Outfit 4 Kilometer (für jeden WM-Titel einen) durch Scheden.

20140715_155101

Ich lasse Schweden hinter mir und befinde mich nun in Norwegen, in dem Land in welchem auch das Ziel meiner Reise liegt. Hohe, schneebedeckte Berge ragen beiderseits der Straße in die Höhe und dieVegetation wird zunehmend spärlicher. Kurz bevor ich Mo I Rana erreiche, komme ich mit zwei Motorradfahrern ins Gespräch. Diese raten mir, nicht auf der E6 Richtung Bodø zu fahren, sonderndie wesentlich schönere, kaum befahrene Küstenstraße VF 17 zu wählen. Da sich diese Straße nicht mehr auf meiner Karte befindet, fertigen die Beiden mir kurzerhand eine Skizze an. Problemlos finde ich den richtigen Weg und fahre in die anbrechende Nacht hinein. Regen setzt wieder ein, die Anstiege werden lang und steil. Nach 191 Kilometern ist in Kilboghamn schluss.Hier muss ich die Fähre nehmen um weiterfahren zu können und die fährt erst am nächsten Morgen. Durchnässt und ziemlich müde schlage ich mein Zelt direkt am Fährhafen auf. Mit dr Hoffnung auf besseres Wetter in den kommenden Tagen schlafe ich ein.

Tagged

Absolute Hydration

Die ganze Nacht hindurch hat es wie aus Kübeln geregnet. Und auch jetzt am Morgen sieht es nicht wesentlich besser aus. Schon die kurze Daur des Zeltabbaus reicht aus, um mich abermals bis auf die Unterhose völlig zu durchnässen. Während der nun anschliessenden 45 minütigen Fährfahrt, gelingt es mir einigermaßen mich wieder trocken zu bekommen. Dies alles nutzt jedoch wenig. Am Zielhafen in Jetvik hat sich der Regen nochmals verstärkt und binnen weniger Minuten hat sich der Urzustand wieder hergestellt. Die Wolken hängen tief und dunkel zwischen den hoch aufragenden Bergen und senden ihr Nass unaufhörlich auf mich herab. Tapfer trete ich in die Pedale, den Blick kaum von der Straße hebend. Einige Male sind Anstiege über mehrere Kilometer zu bewältigen, bei denen ich einige Male auf meinem Weg nach oben in den Wolken verschwinde. 40 Kilometer vor Bodø sehe ich einen schönen Platz für mein Zelt. 148 Kilometer Dauerregen stecken in den Knochen und mit der Hoffnung auf besseres Wetter am Folgetag, klettere ich in meinen klammen Schlafsack.

20140716_232214

In letzter Sekunde

Ich schlage die Augen auf, und – oh Wunder – ich kann keinen Regen hören, der auf mein Zeltdach prasselt.

20140717_141515

Schnell nehme ich mein Frühstück zu mir und schwinge mich auf meinen alten Fritz. 40 Kilometer sind es noch bis Bodø, dort will ich die Fähre auf die Lofoten nehmen. Da meine Radschuhe immer noch komplett nass sind fahre ich gezwungener Maßen mit meinen Nike Free, damit komme ich zwar nicht so schnell von der Stelle, aber dafür sind die Füße trocken. Nach wenigen Kilometern fahre ich auf einen Anderen Reiseradler auf. Nach ein paar kurzen Sätzen stellen wir fest, dass wir aus dem gleichen Land kommen und unterhalten uns auf Deutsch. Leider ist mein Gegenüber nicht sonderlich gesprächig und ich habe das Gefühl, dass er lieber alleine fahren will. Zumindest sagt er immer wieder ” Na, dann sehen wir uns auf der Fähre”. Was in meinen Augen der Aufforderung gleich kommt mein vorheriges Tempo wieder aufzunehmen und vorraus zu fahren. Dies tue ich dann auch. Wenige Kilometer vor Bodø hänge ich mich in den Windschatten eines Rennradlers. Wir unterhalten uns und er erzählt mir, dass er, in Bodø lebend, auch einige Zeit in Deutschland gearbeitet habe. Als ich ihn frage, wo in Bodø der Hafen ist und wann die Fãhre auf die Lofoten geht, bietet er mir an mir den Weg zum Hafen zu zeigen. Die Fähre allerdings ginge schon um 15 Uhr, was kaum zu schaffen ist, da wir schon 15:45 haben. “Versuchen wir es einfach”, sage ich zu ihm und gebe Feuer auf die Pedale. Tief über den Lenker gebeugt rasen wir dahin. Mein Tacho zeigt 36 Kmh an. Zeitweise spannt sich mein Begleiter vor mich und zieht mich in seinem Windschatten. Am Hafen angekommen, will man grade ablegen. Von weitem schon ruft mein Begleiter dem Schiffspersonal etwas zu. In letzter Sekunde gelange ich auf das Schiff. 10 Sekunden später legen wir bereits ab

Odd Egil und der Lofotenwind

 

Am Morgen klettern Odd Egil und ich beinahe zur gleichen Zeit aus unseren Zelten. Überwältigt von der Schönheit dieser Landschaft hocke ich mich ersteinmal auf einen Stein und lasse den Blick schweifen. Anschliessend fahren wir zu einem Supermarkt und frühstücken ersteinmal ausgiebig. Es weht ein starker Wind aus Ost und so wechseln Odd Egil und ich uns bei der Führungsarbeit auf dem Rad ab. Immer wenn Odd Egil im Wind fährt gibt er alles und so muss ich ihn immer wieder ein wenig bremsen, sollen unsere Oberschenkel nicht schon nach wenigen Kilometern explodieren. Heute möchte ich nur ein ca. 70 Kilometer langes Stückchen bis zu einem Campingplatz fahren. Meine seit dem großen Regen immer noch klammen Sachen bedürfen dringenst einer Wäsche. Ich übrigens auch. Auf dem Weg müssen wir allerdings ständig anhalten um Bilder zu machen, so dass wir erst gegen 16 Uhr dort eintreffen.

20140718_170038_HDR

 

Hier koche ich Odd Egil und mir eine ordentliche Portion Pasta, bevor Odd Egil noch einige Kilometer bis zum nächsten Fährhafen in Angriff nehmen will.

 

20140718_184246

 

Nachdem wir uns verabschiedet haben mache ich mich daran meine Wäsche wieder auf Vordermann zu bringen. Später, als ich noch ein wenig an diesem Blog hier schreibe gesellt sich noch ein Norweger mit dem Namen David zu mir. Er hat viel zu erzählen und ordentlich Bier im Gepäck. So endet der Abend feucht fröhlich, aber definitiv auch einige Stunden zu spät.

Ein gebrauchter Tag

In der Nacht wache ich des oefteren auf, da es mich friert. Besonders meine Fuesse fuehlen sich an als wuerden sie in einem Eisblock stecken. Am Morgen spuere ich deutlich, dass ich mich verkuehlt haben muss. Ich lege mich erst einmal in die Sonneund versuche meinen Koerper wieder auf Temperatur zu bringen. Danach fruehstuecke ich und schreibe an diesem Blog. Es ist hoechste Zeit, seit gut einer Woche habe ich nichts mehr veroeffentlicht. Ich bin, um die Beitraege hochzuladen auf einen PC angewiesen und einen solchen leihen mir netterweise Tobi und Nathan aus der Schweiz, die ich auf dem Campingplatz kennengelernt habe. Wege der miserablen Internetverbindung dauert dies alles eine Ewigkeit und so komme ich erst am fruehen Nachmittag los. Es geht mir nicht gut, die letzte Nacht fordert ihren Tribut. Zu allem Uebel muss ich waehrend der gesamten Etappe gegen einen starken Wind ankaempfen. Oftmals habe ich das Gefuehl auf der Stelle zu strampeln. Die Landschaft der Ostlofoten empfinde ich als weniger spektakulaer, sie erinnert mich oftmals an Hochalpentaeler.

20140716_014017

Viele Tunnel erwarten mich auf diesem Streckenabschnitt, einer davon hat eine Laenge von 6,4 Kilometern. Nach 167 Kilometern beende ich die Tortur und schlage mein Lager auf. Dies war wirklich ein gebrauchter Tag!

Der tiefe Fall

Am naechste Morgen geht es mir keinen deut besser. Es ist ein einziger kampf bis ich ueberhaupt loskomme. Da ich kaum noch Verpflegung bei mir habe, insbesondere Wasser, schaue ich auf der Karte nach dem naechsten groesseren Ort. Er ist etwa 30 Kilometer entfernt und heisst Bogen. Da heute Sonntag ist, muss ich mich beeilen. In Norwegen und Schweden haben die Supermaerkte sonntags geoeffnet, jedoch nicht so lange wie an Werktagen. In Bogen habe ich kein Glueck und muss weitere 30 Kilometer Hetzjagt durch profiliertes Gelaende auf mich nehmen, um es in Bjerkvik zu probieren. Dort angekommen sehe ich, wie der Ladenbesitzer gerade die Tueren seines Supermarktes abschliesst. Wie besessen gebe ich Gasund erwische ihn als er grade in sein Auto einsteigen will.

“No its closed” sagt er , noch bevor ich ein Wort ueber die Lippen gebracht habe.

“But I need water urgently, otherwise I will die on the Street!”.

“Where you from, and where do you go?”

“Iam from Germany and iam on the way to the Northcape”.

Er steigt aus seinem Auto und bedeutet mir ihm zu folgen. Er schliesst seinen Laden auf und wir gehen durch die dunklen  Gaenge zur Getraenkeabteilung. Er greift in einen Kasten und fischt zwei Flaschen Wasser heraus. Dann aus einem anderen Kasten eine Flasche Pepsicola. Auf dem Weg nach draussen greift er noch einen Bund Bananen und einen Apfel., drueckt mir alles in die Haende und sagt: “Its a gift”. Ich stehe da und bin tief geruehrt. Ich stottere ein “Thank you so much!” und schaue ihm dabei zu wie er in sein Auto steigt und davonfaehrt.. Da die Lebensmittel in Norwegen extrem teuer sind, ein Glas Nutella normaler Groesse kostet umgerechnet gut 7Euro, kann ich mein Glueck kaum fassen.

Ich setze meinen Weg fort und biege von der E10 auf die E6 ab. Ein langer, 4,7 Kilometer langer Anstieg mit einer 7% Steigung der mich ueber die Baumgrenze fuehren wird, wartet auf mich. Kraftlos wie ich heute bin bewege ich mich sehr langsam den Berg hinauf. Mein Tacho zeigt ein Stundenmittel von 9Kmh. Ich bin ein gefundenes Fressen fuer die Monsterbremsen die es in dieser Gegend gibt. Sie beissenganze Hautflaechen aus dir heraus, so dass es blutet. Waehrend ich mich gen Passhoehe emporquaele, landet eines dieser bBiester auf meinem linken Oberarm. Als ich versuche dieses Mistviech mit meiner rechten Hand zu eliminieren, stuerze ich mit Sack und Pack auf die Strasse. Meine linke Huefte schmerzt gewaltig, genau wie meine linke Hand, welche ein Systemgewicht von gut 100 Kilogramm abfangen musste. Danach beginnt ein einziges Leiden. Mein linkes Bein arbeitet so gut wie garnichtmehr mit, die linke Hand lasse ich meist nicht am Lenker, da mich die Erschuetterungen zu sehr schmerzen. Ich habe grosse Lust den gesamten Klimmbimm in den Strassengraben zu feuern, mich danebenzusetzen und zu heulen. Nach wenigen Kilometern sehe ich ein, dass das Ganze heute keinen Sinn mehr macht. Entmutigt finde ich einen schoenen Lagerplatz direkt bei einem reissenden Fluss. Grade einmal 103 Tageskilometer stehen auf der Habenseite.