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Isolde und Bernhard

In der Morgendämmerung werde ich durch einen lauten Knall geweckt. In Schweden scheint man schon recht frueh auf der Pirsch zu sein. Da ich nicht so recht wieder einschlafe kann, packe ich meine Habseligkeiten und mache mich auf den Weg. Ich komme durch verschlafene, noch schlafende Dörfer und geniesse die Ruhe auf der Strasse. Im doch recht dicht besiedelten Sueden, wähle ich bewusst die kleineren Strassen, auf denen man zwar nicht so schnell vorankommt, dafuer aber deutlich weniger verkehr hat. 

 

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In Markaryd mache ich eine kurze Pause. Ich setze mich auf eine Bank vor die städtische Bibliothek und fange an ein Brötchen zu verputzen. Ein Rennradler mit kleinem Rucksach kommt vorbei, als er mich sieht hält er an und fragt ob ich ein GPS dabei hätte, bei seinem wären die Batterien leer und er habe den Weg verloren. “Klar,” sage ich und krame nach meinen Strassenkarten, “Meine Batterien sind immer voll geladen”. Wir muessen lachen und er fragt mich woher aus Schweden ich kommen wuerde. “Garnicht” erwiedere ich, “ich komme aus Deutschland”. Da muss Lauri noch mehr lachen und sagt zu ir in gutem Deutsch: “Na, dann können wir uns ja auch in Deutsch unterhalten”. Er erzählt, dass er 4 Tage zuvor in Braunschweig aufgebrochen wäre, wo er ein Auslandssemester absolviert und auf dem Weg nach Finnland, seiner Heimat, sei. Auf meine Frage hin wie er mit solch kleinem Gepäck auskommt und wie, bzw. wo er schlafen wuerde, erzaehlt er mir, dass er eine Hängematte dabei hätte, welche er sich einfach zwische die Bäume hängt falls er muede wird.  Leider hat Lauri wenig Zeit, da er nur noch 2 Tage hat, um in Stockholm seine Fähre nach Finnland zu erreichen und so trennen sich unsere Wege wieder. Auch ich fahre weiter und erreiche gegen Abend den Campingplatz Dörrarp. Dort werde ich von einem nicht mehr ganz nuechternen, aber sehr freundlichen Schweden empfangen, der mir alles zeigt und erklärt. Beim Aufbau meines Zeltes bemerke ich, dass der Wohnwagen neben mir paderborner Kennzeichen hat. Sofort gehe ich hin um “Hallo” zu sagen. Aus diesem kurzen “Hallo” wird ein langer Abend. Isolde und Bernhard bitten mich Ihnen Gesellschaft zu leisten und so sitzen wir bis tief in die Nacht beisammen und reden im sprichwörtlichen Sinne ueber Gott und die Welt. In der Zwischenzeit kuemmert sich Isolde gar um meine Waesche. Als es daran geht ins Bett bzw. Zelt zu gehen, werde ich von den Beiden fuer den nächste Morgen noch zum Fruestueck eingeladen. Was fuer unglaublich nette, herzliche Menschen es doch gibt, denke ich mir und nehme die Einladung dankend an. Bedingt durch die, am heutigen Tage absolvierten 157 Kilometer, schlafe ich schnell ein.

Marzipantörtchen

Als ich am Morgen aufwache, höre ich nebenan schon das geklapper von Geschirr. Isolde und Bernhard breiten das Fruehstueck schon vor. Schnell mache ich mich fertig und gehe hinueber. Dort erwartet mich alles was das herz begehrt: Brötchen, Käse, Nutella, Zuckerruebensaft, eine besondere schwedische Marmelade, Fruehstueckseier, Muesli und zur Krönung schwedische Marzipantörtchen. Dann machen wir noch einige Erinnerungsfotos, tausche Adressen aus und die Beiden schenken mir noch eine praktische Wäscheleine fuer unterwegs. Ich möchte eigentlich garnichtmehr weg und so kommt es auch, dass ich erst viel später wieder auf der Strasse bin als gedacht. Ein wenig gelingt es mir, durch den starken Rueckenwind, an Strecke wieder aufzuholen. Nach 182 Kilometern ist dann in Hijo am Vätternsee schluss. Ich schalge mein Zelt mitten in einem Wald auf und schlafe auf der Stelle ein.

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Von Ameisen und Elchen

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Etwas krabellte mir auf dem Ruecken herum, missmutig versuchte ich es wegzuwischen und weiterzuschlafen, kaum geschehen krabellte es am Bein. Nun war schluss, genervt fuhr ich in die Höhe, kroch aus meinem Schlafsack und erblickte eine fette Ameise, welche sich gerade ueber mein Bein hinweg in Richtung Körpermittelpunkt bewegte. Leicht panisch versuchte ich es auch hier mit der “Wischtechnik”. Dies veranlasste die Ameise jedoch nur lediglich dazu die Richtung zu ändern und zwar auf meine Oberschenkelrueckseite, hier setzte sie ihren Weg zum Körpermittelpunkt fort und biss mir anschliessend kräftig in den Hintern. Völlig bedient kletterte ich aus dem Zelt und stellte fest, dass ich im am Vorabend im zwielicht den Ameisenhaufen uebersehen haben musste, welcher sich direkt neben meinem Zelt befand. schnell wie nie waren die Sachen zusammengepackt und Ross und Reiter auf der Strasse. Nach ein paar Kilometern knackte es im Unterholz. Ich hielt an und kurz darauf entstand dieses Bild…

 

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Ich fuhr bis kurz vor Karlsborg und nahm dann kleine Nebenstrassen um vom Westufer des Vätternsees in Richtung Ostufer des Vännernsees zu gelangen. Der Himmel war wolkenlos und die Sonne brannte ohne Ruecksicht hernieder. Da war es durchaus von Vorteil das sich die Strecke hauptsächlich durch den Wald bewegte. die Landschaft die ich nun durchfuhr war der absolute Traum. Dichte Nadelwälder wechselten sich mit lichten birkenwäldern ab und dazwischen immer wieder tiefblaue, funkelnde Seen. Als ich meinen Blick einmal von dieser reizvollen Landschaft gen Himmel hob, hatte die Träumerei ein abruptes Ende. Ich erblickte Gewitterwolken von gigantischem Ausmass und ich fuhr direkt darauf zu. Am Vännernsee, so wusste ich wuerde ich die Richtung wieder ändern, so dass eine Chance bestand dem Unheil zu entfliehen. Ich erhöhte die Geschwindigkeit und trat was die Beine hergaben. Ich erreichte den Inlandsvägen am Ostufer des Vännernsees und bog links ab. Bedrohlich rueckte die Wolkenfront welche sich nun direkt ueber dem See befand in meine Richtung. Mein Glueck war, dass der lebhafte Wind aus suedlicher Richtung blies und mich somit vor sich herschob. Wenige Kilometer vor Kristianhamn war mein Akku leer, ich musste etwas essen und zwar schleunigst. Ich setzte mich auf eine Bank am Ufer des Sees und begann in windeseile Brötchen und Kekse in mich hinein zu stopfen. Es dauerte nicht lange, da gesellte sich ein Schwede zu mir der gerade mit seinem Kajak vom See kam. Er bot mir Kaffe an und erzählte mir, dass das Unwetter in Göteborg schon schwere Schäden angerichtet habe. Während am Horizont die Blitze zuckten und der Wind beständig zumahm, erzählten wir einander von unseren Vorhaben. Er, so berichtete er mir, wolle mit seinem Kajak weiter nach Mittelschweden und dort die Fluesse abfahren, dort gebe es sehr wenig Menschen und er hoffe dort einen Bären zu gesicht zu bekommen. Als das Wetter dann doch bedrohlich nahe kam verabschiedeten wir uns und ich machte mich von neuem auf die Flucht vor Blitz, Donner und Regen. Das Wetter schien mich vor sich herzutreiben und seinen Spass daran zu haben wie ich mir die Lunge aus dem Leib fuhr. Mit einem Mal, so hatte es den Anschein, hatte ich den Dämon abgeschuettelt. Ganz entfernt noch hörte ich das Grollen, aber von seinem Schrecken hatte das Ungetuem nahezu alles eingebuesst. Gemächlich rollte ich die letzten Kilometer bis nach Filipstad, meinem heutigen Etappenziel. 188 Kilometer verlangten nach einer gruendlichen Dusche und einem erholsamen Schlaf.

 

Aua!

Am nächsten Morgen in Filipstad war erstmal Blogschreiben und Wäschemachen angesagt. Die Sonne brannte vom Himmel und ich freute mich auf das bevorstehende Teilstueck, welches heute aufgrund vorgenannter Aktivitäten etwas kuerzer ausfallen wuerde. Ins Auge gefasst hatte ich den kleinen Ort Vansbro, ca. 100 Kilometer entfernt. Gegen 16 Uhr erst kam ich los. Es war wirklich warm und erste Gewitterwolken bildeten sich. Mein Weg fuehrte mich aus der Stadt hinaus, hinauf auf Eine Hochebene. Dichter wurden die Wolken und mit einem Mal, wie aus dem nichts brach ein heftiges Gewitter los. Hatte ich Tags zuvor Glueck  gehabt und dem Gewitter entkommen können, sass ich nun auf brutalste Weise mittendrin. Da sich das Wetter genau ueber mir befand, blieb mir keine andere Wahl als meine Fahhrad abzustellen und neben der Strasse ,die Fuesse dicht beieinander gestellt, in die Hocke zu gehen. der Regen prasselte auf mich nieder und ich war inerhalb weniger Sekunden absolut nass. Nach einer Viertelstunde setzte ich meinen Weg fort, obwohl es noch immer stark regnete. Mit der Zeit fing an mein rechter Oberschenkel zu schmerzen, da sich der Muskel durch das längere Hocken verhärtet hatte. Das es zwischenzeitlich abgekuehlt hatte, tat sein Uebriges. Die Schmerzen wurden immer heftiger, so dass ich beinahe nicht mehr in der Lage war mit dem rechten Bein druck auf das Pedal zu bringen. versuchte ich in den Wiegetritt zu gehen, wurden die Schmerzen so gross, dass ich schreien musste. Ich kroch daher und fluchte ueber jeden noch so kleinen Anstieg der auf meinem Weg lag. Ständig hielt ich an um mein Bein zu massieren, aber schon nach wenigen Metern krampfte es erneut. Ständig stiess ich Laute des Schmerzes aus, es war fast nicht auszuhalten. Mit Mueh und Not schleppte ich mich an mein Ziel. In Vansbro frug ich direkt ein paar Jugendliche, ob es irgendwo am Ort Eine Bar gebe wo ich das Fussballspiel der Deutschen gegen Brasilien schauen könnte. Viel Hoffnung hatte ich nicht, da die Schweden wie es  scheint nichts fuer die WM uebrig haben. Aber ich hatte Glueck, die Jugentlichen wussten Eine Bar wo geschaut wurde. Sie boten mir auch direkt an, mich dort hinzufuehren. Ich zog mich um und liess mir die Bar zeigen. Drinnen sassen ca, 15 Leute und ich war als Deutscher natuerlich direkt der Mittelpunkt. Ich wurde mit Frage gelöchert und sollte meine Meinung zur deutschen Manschaft, sowie Eine Prognose zum Spiel abgeben. Die Schweden hielten geschlossen zur deutschen 11 und so wurde mit jedem Tor die Stimmung euphorischer. Man sprach von einem historischen Sieg und es wurde mir Runde um Runde Bier spendiert. Danach sassen wir noch bis tief in die Nacht in der Bar und unterhielten uns. Als sich dann nach und nach alle daran begaben aufzubrechen, frug mich Lars, ein gluehender St. Pauli-Fan, wo ich den nächtigen wuerde. ich antwortete das ich geplant hätte mein Zelt auf dem Campingplatz aufzuschlagen. Er schuettelte den Kopf und meinte: “Nein, nein, ich hab ein grosses Haus da ist genug Platz”. Und auf diese Art und Weise, kam ich zum ersten Mal auf meiner Tour zu einem warmen Bett.

Sun is Shining

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Am nächsten Morgen war ich wieder frueh auf der Strasse. mein Ziel fuer den heutigen Tag war Sveg. Mein Bein spuerte ich noch immer, aber es ging schon wesentlich besser. Das Wetter war fantastisch. Die Sonne strahlte von einem tiefblauen Himmel und ich durchfuhr Eine wunderschoene Lanschaft. in Mora machte ich Pause und genoss im sonnenschein am Ufer Eines Sees gemuetlich mein Mahl. Als ich am Abend Sveg erreichte, wollte ich gerne das andere Halbfinale zwischen den Niederlanden und Argentinien sehen. Aber keine Chance. es gibt keine Bar, kein Campingplatz der das Spiel zeigt. Bzw. alles hat schon geschlossen, um 21. Uhr werden in diesem Ort die Buergersteige hochgeklappt. Lediglich ein paar Halbstarke jagen die halbe Nacht mit Ihren getunten Gafährten durch den Ort, lassen die reifen Quitschen und die Motoren heulen. Mich stört das nicht im geringsten. Nach 215 Kilometern an diesem Tag schlafe ich ohne Probleme ein.

“No Comprende”

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Nachdem ich nach einer kurzen Nacht in Sveg meine Sachen gepackt habe, begebe ich mich zu einer Tankstelle auf deren Wc ich meine Morgentoilette absolviere. Beim verlassen der Tankstelle spricht mich ein junger Kerl auf Deutsch an und meint er hätte mich schon am vergangenen Abend auf meinem Fahrrad gesehen. ich hätte mein “Nordkapploop-Shirt getragen und das hätte Ihn neugierig gemacht. Ich schreibe ihm die Seite nochmal auf und er gibt mir Eine Karte auf welcher sein eigener Reiseblog vermerkt ist. Schön, dass sich so ein Shirt dann doch bezahlt macht. Nach einem Fruehstueck vor einem Supermarkt breche ich dann auf. Mein heutiges Ziel ist Östersund. Das Wetter zeigt sich wieder einmal von seiner allerbesten Seite und so begebe ich mich frohen Mutes auf die Strecke. Meine Beine sind von der Etappe am Vortag etwas schwer und so lasse ich es ruhig angehen. 50 Kilometer vor Östersund sehe ich einen anderen Radler am Horizont. Ich beschleunige etwas mein Tempo und habe ihn bald eingeholt. Als ich Ihn anspreche erwiedert er direkt “No comprende”. Alles klar, ein Spanier denke ich mir und versuche mittels meiner erbärmlichen Spanischkenntnisse mehr zu erfahren. Er erzählt, dass er aus Madrid kommt, vor 2 Monaten gestartet ist und ueber Deutschland kommend auf dem Weg zum Nordkapp ist. Dann fragt er noch, ob wir gemeinsam etwas essen gehen wollen. Ich muss jedoch leider weiter, da es schon spät ist und Östersund ein gutes Stueck entfernt. Und so trennen sich unsere Wege schon bald wieder. Um 21Uhr erreiche ich dann meinen Campingplatz in Östersund. Ich mache noch meine Wäsche und schlafe , nachdem ich mich noch ein wenig mit einem anderen Reiseradler unterhalten habe , gegen Mitternacht ein. 180 Kilometer sind an diesem Tag zusammengekommen.

Der alte Fritz

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Die ganze Nacht über hatte ich auf einem Campingplatz in Östersund gegen einen Baum gelehnt dagestanden und auf das Zelt meines Fahrers geschaut. Er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht die schweren Radtaschen  von meinem Gepäckträger zu hiefen. Auf dem gestrigen Teilstück hatte er mir immer wieder versichert in Östersund einen Ruhetag einzulegen. Schon vor zwei Tagen war mir aufgefallen, dass sein Tritt nicht mehr rund war. Das linke Bein trat wesentlich mehr als das rechte und ich hörte übr mir immer wieder Laute des Schmerzes. Wie dem auch sei, auch ich hatte eine Pause mehr als nötig. Und so stand ich da und beobachtete wie der Campingplatz an jenem Morgen nach und nach erwachte. Die ersten Frühaufsteher schlappten mit Handtuch und Kulturbeutel bewaffnet Richtung Sanitäranlagen. Andere brausenmit ihren Fahrrädern oder Motorrollern  auf dem staubigen, mit Wurzeln durchsetzten Weg an mir vorbei, um kurze Zeit später mit dicken Tüten an den Lenkern in entgegengesetzter Richtung ihrer Behausungen zu fahren. Manch einer wiederum packt all sein Hab und Gut um den Platz bald darrauf zu verlassen.

Gegen 7:30 Uhr, tut sich dann auch etwas am Zelt meines Fahrers. Der Reisverschluss des Zelteingangs wird nach unten gezippt und mit an lächerlichkeit kaum zu überbietenden, ungelenken Bewegungen zwängt sich mein Fahrer aus seiner kleinen Unterkunft. Pfeifend kommt er auf mich zu, nästelt irgendetwas aus den Radtaschen und verschwindet. 3 Stunden stehe ich untätig herum, bis er wieder auftaucht. Abermals wird an den Taschen genästelt und zum vorschein kommen Trikot und Radhose. “Moment mal, heute ist Ruhetag”. Er ignorirt mich, zieht sich um und schwingt sich auf meinen Sattel. Gemächlich verlassen wir die Stadt in nördliche Richtung. Gleich hinter dem Ortsschild wartet auch schon die erste heftige Steigung auf uns. Als hätte er in den vergangenen Tagen keinrlei Probleme gehabt, geht mein Fahrer aus dem Sattel und jagt in einem, an Lance Armstrong erinnernden, nähmaschienenartigen Wiegetritt die Anhöhe hinauf. Zur Besinnung kommt mein Fahrer erst wieder als ich ordentlich das Tretlager knacken lasse. Zuviele meiner Artgenossen hat er auf diese Weise schon  zu Grunde gerichtet und dieser “knackige Hinweis” lässt ihn seine Fahreie überdenken und schleunigst wieder anpassen. Trotzallem bewegen wir uns weiterhin in zügigem Tempo übet das Asphaltband. Wir fahren durch eine sehr einsame Landschaft der Nacht die niemals dunkel wird entgegen. Das Profil der Strecke hat sich in der Zwischenzeit beruhigt und ist meist flach.langsam verschwindet die Sonne und macht einem gigantischem Vollmond platz. Urplötzlich bekommt mein Fahrer wiedrr eine seiner merkwürdigen Anwandlungen. Er löst in voller Fahrt die Hände vom Lenker, reckt die Arme in die Höhe und brüllt mehrmalig “Ist das Geil!” In die Einsamkeit der Wälder hinein. Nach 150 Kilometern vrrlassen wir die Strasse und bieguen nach Links zum Ufr eines wunderschönen Sees ab. Dort verbringen wir, umgeben von Mückenschwärmen, eine ruhige Nacht.

So long, euer Fritz

Der r(a)eisende Däne

Erst spät an diesem Morgen bin ich auf den Beinen. In der Nacht iszt noch ein weiterer Wildcamper zum Ufer des Sees gekommen und hat sein Zelt in nächster Nähe zu dem meinen aufgebaut. Früh bricht jener wieder auf, wo dasich den kompletten See für mich alleine habe. Schnell aus den Sachen gesprungen, ein ausgiebiges Bad genommen und eine Runde geschwommen. Wie neu neu geboren fühle ich mich danach und frühstücke danach ersteinmal ausgiebig. Es gibt Müsli, Brötchen und aufgebrühten Kaffee…. herrlich! Danach liege ich einfach nur da, hänge meinen Gedanken nach und schaue über den See. Gegen 15 Uhr bin ich dann wieder auf dem Rad. Die Sonne lacht wie schon an den Tagen zuvor von einemwolkenlosen Himmel. Nachdem ich 30 Kilometer gemütlich dahin pedalliert bin, zeigt mir ein Schild am Straßenrand an, dass ich nun die Region Angermanland verlasse und mich von nun an auf den Straßen Lapplands weiterbewege. Ich stoppe, um ein Foto zu machen, als plötzlich ein BMW-Geländewagen scharf bremst und abprubt hält. Ein Mann mittleren alters, groß, kurz geschorenes Haar und mit Sonnenbrille auf der Nase, steigt aus, kommt auf mich zu gestürmt und fragt, was es besonderes zu fotografieren gebe. Ich deute auf das Schild, das den gen Norden reisenden in Lappland begrüßt. “Was, wir sind schon in Lappland?!”  wundert sich mein Gegenüber und zückt augenblicklich seinen Fotoapparat. Dann erzählt er mir, das er aus Dänemark kommt und mit seiner Freundin auf dem Weg zum Nordkap sei. 10 Tage hätten sie Zeit. Als wolle seine Freundin dies non verbal bestätigen, senkt sich mit einem Mal die Fensterscheibe der Beifahrerseite, eine Hand die ein Smartphone hält kommt zum vorschein und knippst ebenfalls ein Bild. Hastig verabschiedet sich der Däne wieder, springt in seine Blechkugel, drückt aufs Gas, dass die Reifen durchdehen und die Steinchen fliegen und verschwindet in den weiten Wäldern Lapplands eine Minute später ist alles wieder völlig still. Nur eine Staubwolke welche zwischen den Tannenwipfeln umherwabert zeugt von der Eile der Reisenden.

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Ich setze meinen Weg fort, träume durch die Landschaft dahin und übersehe beinahe das erste Rentier was mir im hohen Norden begegnet. Es ist wenig scheu und lässt mich bis in seine nächste Nähe kommen. Und so entsteht diese Aufnahme:

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Nach 132 kilometern beende ich den Tag. Ich biege linker Hand auf eine Wiese und baue, während einige hundert Mücken mich beinahe zu tode foltern, mein Zelt auf.

Björn Ferry und das Finale

  1. Der nächste Morgen beginnt so, wie der vorherige Abend geendigt ist: Das erste was ich an diesem Morgen sehe, sind die Umrisse hunderter Mücken, die über meine Zeltmembran krabbeln und meserwetzend darauf warten ihr blutiges Spiel vom Vorabend fortsetzen zu können. Es kostet mich einiges an Überwindung dort hinaus zu gehen und meine Sachen zu packen. 15 Minuten später und mit gefühlt einem halben Liter weniger Blut in den Adern schwinge ich mich auf meinen Sattel. Heute stehen nur knapp 20 Kilometer bis Storuman auf dem Programm. Am Ortseingang von Storuman prangt ein großes Plakat, dass darauf hinweist, dass der Biathlet Björn Ferry aus dieser Enklave stammt. Ich kann mich entsinnen, dass eben jener zu seiner aktiven Zeit ein sehr guter Läufer, allerdings ein wenig erfolgreicher Schütze in seinem Sport gewesen ist. ” Na, dann wollen wir mal hoffen, dass dies auf die deutsche Elf an jenem Abend im Weltmeisterschaftsfinale nicht zutrifft” denke ich mirund begebe mich zum Campingplatz von Storuman. Der Tag ist noch jung, und so bleibt ordentlich Zeit die Wäsche zu machen, ausgiebig zu duschen und etwas zu essen. In der Küche treffe ich auf einen Dänen. Er ist glühender Fussballfan und so beschliessen wir, das Spiel am Abend gemeinsam in einem Hotel zu schauen. Als ich zu meinem Zelt zurückkehre trffe ich auf Hans-Jörg aus Weiblingen. Er ist mit seinem Volvo Oldtimer ueber Finnland ans Nordkap gefahren und befindet sich nun auf dem Heimweg durch Schweden. Auch Hans-Jörg hat Intersse das Finale anzusehen und so machen wir uns am Abend in kleiner Runde auf zum Hotel. Dort treffen wir auf eine weitere Hand voll Deutsche. Sofort stechen mir zwei Damen ins Auge welche ihre Wangen in den deutschen Farben geschminkt haben. In Deutschland noch, hatte ich eine Wette abgeschlossen,  sollten die Deutschen das Finale erreichen, ich nur mit einem leichten Höschen bekleidet und den deutschen Farben auf dem Hintern einige Kilometer durch Skandinavien radeln würde. In der felsenfesten Überzeugung meine Wette zu gewinnen, hatte ich nicht vorgesorgt und sowohl kein leichtes Höschen, als auch Schminkstift mitgenommen. Nun also saßen dort die beiden Damen, die augenscheinlich etwas besaßen, was ich dringlichst benötigte, wollte ich nicht meine Wettehre verlieren. Und potzblitz, es gelang mir doch tatsächlich Frauen ihre Schminke abzuquatschen! Das soll mir mal einer nachmachen! Das Spiel war dann sehr nervenaufreibend und am Ende lagen sich dann zwei Dutzend jubelnde, deutsche Landsleute irgendwo im Nirgendwo Lapplands in den Armen… Guter Tag…

Der alte Mann und der Imbis

Um 9:30 Uhr an jenem Morgen, bin ich wieder auf der Straße. Schon der erste Blick gen Himmel verrät, dass das Wetter heute umschwingen und es wahrscheinlich regnen wird. Und so kommzt es auch. Nach ca. 2 1/2 Stunden im Sattel öffnet der Himmel seine Schleusen. Ich habe großes Glück und finde noch rechtzeitig in einer Bushaltestelle Unterschlupf. Der Regen prasselt heftig auf das Dach und ich nutze die Zwangspause zum Essen.

Schräg hinter der Bushaltestelle liegt ein heruntergekommener Imbiss. Anfänglich denke ich, das dieser schon vor langer Zeit geschlossen geschlossen wurde, so erbärmlich sieht er aus. Doch plötzlich tritt ein alter Mann mit Bart, Basecap und schmudeliger Schürze aus dem Verhau und winkt mich zu sich her. Ich folge seiner Aufforderung und gehe zu ihm. Er gibt mir zu verstehen, dass er mich auf einen Kaffee einladen möchte und bittet mich in seinen Imbis. Drinnen erwarten mich seltsam anmutende Räumlichkeiten. Neben wild zusammengewürfelten Tischen und Stühlen, befinden sich durchgesessene Sofas , sowie Schreibtische auf denen Computer aus grauer Vorzeit stehen. Er serviert mir Kaffee und ein Marzipantörtchen und fängt an zu erzählen. Er spricht nur Schwedisch, was ich nicht verstehe, aber trotzdem schaffen wir es uns zu verständigen. Er zeigt mir Patente aus verschiedenen Ländern, daruntr auch Deutschland, welche ein System zur Raumentlüftung betreffen. Seine Firma heißt “Aircleaning /  Slussfors”. Ich muss schmunzeln, hätte sein Imbis die Erfindung seines Besitzers doch mehr als nötig. Neben einem Haufen weiterer Patente bekomme ich zudem auch noch einen Diavortrag geboten, in welchem Klas Jacobson, der Erfinder von “Aircleaning”, in aller Herren Länder zu sehen ist. Sehr merkwürdig dies alles: Ein augenscheinlich erfolgreicher Erfinder, der Tag ein Tag aus in einer heruntergekommenen Imbisbude hockt, ja vielleicht sogar dort lebt, 86 Jahre alt und über die Maßen agil ist, Motorrad fährt, die Welt bereist, aber keine einzige Fremdsprache spricht. Das alles erinnert mich  irgendwie an den Roman “Der hundertjährige der aus dem Fenster stieg und verschwand”. Es mag vielleicht Zufall sein, dass ich erst wenige Tage zuvor durch genau die Gegend gekommmen bin, in dr dieser Roman spielt. Wer weiss, vielleicht hat Klas Jacobson wenige Jahre zuvor den Autoren dieses Buches ebenfalls auf Kaffe und Marzipantörtchen eingeladen. Nicht wissend, dass er die Vorlage für einen Weltbestseller liefern wird. Zum Abschied schenkt mir Klas noch einen edlen Kugelschreiber seiner Firma, begleitet mich nach draußen, wo es  immer noch in strömen regnet und winkt mir nach. Die ganze Fahrt über muss ich an den Alten denken, der mir ein einziges Rätsel ist. Eines ist jedoch sicher: Er ist ein unglaublich gutmütiger und herzlicher Alter.

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Am ende des Tages bi  ich bis auf die Knochen durchweicht. Nach 161 Kilometern steuere ich, kurz vor der norwegischen Grenze eine kleine Pension an. Dort koche ich mir noch eine ordentliche Portion Nudeln, bevor ich zuerst ins Bett und gleich darauf in einen tiefen Schlaf falle.